Essen bei Vapiano – nur etwas für Masochisten

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In allen Zeitungen ist derzeit zu lesen, dass Vapiano in die roten Zahlen schlittert, ja die Aktie in diesem Jahr 70% an Wert verloren hat. Woran das wohl liegt? Vielleicht an dem, was ich seit meinem ersten (und zugleich vorletztem) Vapiano-Besuch predige, nämlich dass essen gehen bei Vapiano einfach ein Desaster ist, Leute wie mich in den Wahnsinn treibt und sich auch beim Rest der Bevölkerung endlich die Vernunft durchsetzt? Aber der Reihe nach:

Es war im November 2013, als ich das erste mal mit Vapiano in Berührung gekommen bin: Auf einer Dienstreise (zur Tattooconvention Kiel) gingen wir Abends noch in das nächstgelegene – vermeintlich – italiensche Restaurant: Vapiano

Ich staunte nicht schlecht, als uns erklärt wurde, dass wir unser Essen selber an diversen Kochstationen bestellen und dann zum Tisch tragen müssen: Das kannte ich zwar von diversen Kantinen, McDonalds, BurgerKing oder auch von IKEA – aber von einem Restaurant? Ich war verwirrt.

Was es nicht besser machte, war die Tatsache dass wir unterschiedliche Essen wollten und uns somit an unterschiedlichen Stationen anstellen durften und für die Getränke dann noch einmal extra (das ist inzwischen wohl anders?) – so balancierten wir unsere Teller und Getränke zu unterschiedlichen Zeiten an den Tisch, aßen zeitversetzt und zahlten hinterher eine Zeche, wie beim gemütlichen Italiener um´s Eck.

Ich lernte damals, dass Vapiano schon lange existiert, total hip ist – auch das Restaurant in Kiel war damals brechend voll – und stellte wieder mal fest, dass ich wohl so langsam alt werde – denn ich verstand einfach nicht, warum Leute die italienisches Essen wollen zu einer Kantine gehen. Ich schwor mir auf jeden Fall „nie wieder“ – und sollte im Sommer 2016 in Berlin eines besseren belehrt werden – jetzt folgte der wirklich letzte Besuch bei Vapiano:

Wieder eine Dienstreise, wieder eine Tattooconvention – diesmal Berlin. Wir hatten eine lange, stauträchtige Anreise hinter uns und ein befreundeter Tätowierer schlug vor, dass wir doch alle gemeinsam etwas essen gehen könnten – er würde ein gutes Restaurant kennen. Also fuhr ein halbes Dutzend Leute in zwei Autos durch halb Berlin, um dann – richtig geraten – Schlußendlich vor einem „Vapiano“ zu landen. Ernsthaft?

Rückwirkend betrachtend bin ich fast dankbar über diesen Abend, weil er den Vapiano-Besuch in Kiel noch um längen übertroffen hat: ich holte mir einen Salat und war relativ zügig wieder am Tisch, ein Kollege holte sich nur eine Pizza (bzw. bestellte er die Pizza und bekam einen Summer), ein Kollege holte sich einen Salat und stellte sich am nächsten Counter dann wieder an um eine Pizza zu bestellen während der nächste sich Nudeln holte die etwas dauerten… und Antipasti durften natürlich auch nicht fehlen ;)…

Ich glaube, wir haben es an diesem Abend nicht einmal geschafft, dass wir alle gleichzeitig am Tisch saßen und gegessen haben: ich mit dem Salat war sofort und der mit denNudeln relativ bald wieder zurück und warteten auf den, der Salat und Pizza wollte. Natürlich fingen die mit den Nudeln bald mit dem essen an, weil man ja schlecht warten kann bis 10 Minuten später die Pizza kommt, sonst wird das Essen ja kalt…

…dann meldete sich der Summer von dem, der nur eine Pizza bestellt hatte und er verschwand und kam dann wieder… als er zur Hälfte gegessen hatte meldete sich der Summer von dem mit Salat und Pizza (der in der Zwischenzeit schon seinen als Beilage gedachten Salat gegessen hatte)… dann stand wieder einer auf, weil er ein weiteres Getränk wollte… es war einfach ein einziges Chaos und dann sollte ja noch der Nachtisch folgen, den aber nur die Hälfte wollte und darum die andere Hälfte am Tisch zurück ließ..

Warum machen Menschen so etwas? Ich habe ja schon an anderer Stelle geschrieben, dass ich Fastfood bei McDonald´s, Burger King und Co. meide – aber ich kann verstehen, warum jemand dorthin geht: es geht schnell, es ist halbwegs billig, man kennt die Speisekarte… alles kein Thema:

Aber warum geht man in ein „italienisches Restaurant“ welches auch nicht billiger ist als ein gutes italienisches Restaurant mit Kellner, tingelt mit seinem Tabelt wie in einer Uni-Mensa von einer Station zur anderen und ist dann quasi für jedes weitere Getränk oder Extra wieder gezwungen, aufzustehen? Gut, etwas Bewegung schadet ja den meisten Leuten nicht, aber beim essen gehen?

Lustig finde ich ja, dass Vapiano jetzt damit wirbt dass man sich mit der Vapiano-App jetzt auch Nachtisch und Getränke an den Tisch bringen lassen kann. Grandioser Service… es soll Restaurants geben, da geht das mit allem was man dort isst und das auch ganz ohne App. Also warum dann nicht gleich in ein vernünftiges Restaurant?

Vor meinem geistigen Auge spielt sich ein lustiges Kopfkino ab: ein erstes Date oder ein Heiratsantrag, wo der große Moment von einem „Essen ist fertig“-Summer unterbrochen wird… …ein großes Firmenessen, ein Geschäftsessen… ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, für welche Art von „essen gehen“, „Date“ oder „Meeting“ ein VapianoRestaurant geeignet ist – und ähnlich wie bei Starbucks: ich wäre einfach froh, wenn diese seelenlosen Ketten nicht das Bild jeder Innenstadt verschandeln würden – zumindest bei Vapiano ist dank der sinkenden Umsatzzahlen ein Anfang gemacht.

Stephan Tempel

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