Heino, München, Backstage, 02.03.2019
Heino sagt zum Abschied leise „… und tschüss“ – dem Titel seines letzten Albums entsprechend. Und wir sind dabei – im Backstage München!
Der Eine oder Andere mag sich nun an dieser Stelle wundern, warum zwischen Slayer, Metallica, Rammstein und vielen Besuchten Metalfestivals vom Wacken Open Air über das With Full Force bis hin zur Metalcruise 70000 Tons of Metal plötzlich ausgerechnet ein Bericht von HEINO von mir auftaucht. Erkläre ich gerne:
Das hat einerseits nostalgische Gründe, meine Großmutter zählte zeitlebens (Gott hab sie selig) zur glühenden Anhängerschar von Heino. Immer. Heino und Hannelore? Aus Omas CD-Sammlung nicht wegzudenken!
Heino tritt im ZDF auf? Oma sitzt auf der Couch und feiert. Im Leben werde ich nicht vergessen wie sie mit erhobenem Kochlöffel vor mir steht, wenn ich mir einen fiesen Kommentar zum vermutlich bekanntesten Bariton hinter der Sonnenbrille nicht verkneifen konnte. „Dir helf ich gleich in` Schlappschuh rein!!!“ – ein Running-Gag, der sich durch meine Gesamte frühe und späte Jugend ziehen sollte. Und es wurde nie langweilig.
Andererseits steht der gute Mann seit fast 60 Jahren auf der Bühne und ist seiner Linie immer gnadenlos treu geblieben. Gegen jeden Widerstand, und ich bin sicher: Niemand ist zeitlebens so oft parodiert und aufs Korn genommen worden – auch schon Jahrzehnte bevor das Internet dafür gesorgt hat, dass jeder über alles und jeden Witze machen und hetzen muss. Das verdient einen immensen Respekt, und ob man die Musik nun mag oder nicht (nein, ich besitze keine CD von !), er ist und bleibt eine musikalische Legende! – Also schauen wir halt mal hin und lassen uns überraschen, was der Mann mit über 80 Jahren auf der Bühne veranstaltet.
Leider kamen wir etwas zu spät, weil die Autobahn nach einem schweren Unfall gesperrt war. Leicht genervt war die Laune nach 40 Minuten Umleitung nun schon leicht im Keller, als wir das Werk betraten: Wie verflogen!
Heino gibt neben seinen bekannten Hits („Blau blüht der Enzian!“ – „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ und mehr…) mehr oder minder aktuelle Hits u. a. von den Toten Hosen zum Besten – und das ganze Backstage tobt!
Zuschauer aller Altersgruppen und Randgruppen, von bieder wirkenden beinahe-Senioren bis hin zu Metallern mit Kutte —- selten auf Konzerten mit einem derart gemischten Publikum eine vergleichbare Stimmung erlebt!
Als der vermutlich lässigste Senior der Musikszene „Sierra Madre“ anstimmt tobt die Halle und schwenkt Feuerzeuge, bei „Junge“ von den Ärzten war schon die Hölle los – aber die Party steigerte sich von Lied zu Lied. Zwischendurch nahm sich Heino eine kurze Auszeit und ließ seinen Enkel Sebastian Kramm mit der Gitarre auf die Bühne.
Unnötigerweise gab es anfangs vereinzelte Pfiffe zu hören, sie verstummten schnell während des ersten Liedes und schnell hatte der Junior das Publikum auf seiner Seite.
Im Endspurt tauschte Heino seine nietenbesetzte Lederjacke gegen das legendäre rote Sakko, (Publikum tobt immer lauter!), spielt noch zwei Medleys und lässt sich zu zwei Zugaben hinreißen. Die BegleitsängerInnen und die mitgereisten Musiker zeigten ebenso wie der Meister selbst vollen Einsatz, bei den kurzen Ansagen zu seinen Liedern merkte man dem Star des Abends ein Riesentalent als Entertainer an.
Nach 1,5 Stunden (die tatsächlich vergingen wie im Flug) rollten Heino und Band quasi „Hoch auf dem gelben Wagen“ auf einer Woge aus Beifall aus der Halle und die Lichter gingen an.
Fazit: Heino macht sein Leben lang, was ihm Freude bereitet – und das hat man überdeutlich gemerkt! Ich hoffe ich bin in knapp 50 Jahren auch noch so fit und cool drauf.
Die Tickets waren ein Weihnachtsgeschenk – aber auch ansonsten hätte mich kein Cent und keine Sekunde von diesem Konzert gereut! Ich werde mir auch in Zukunft vermutlich keinen Silberling von Heino in den CD-Player stecken, meinen vollen Respekt vor seinem Lebenswerk, seiner Darbietung auf der Bühne und der Freude, die er seinen Fans über ein halbes Jahrhundert hinweg bereitet hat, ist ihm auf jeden Fall sicher.
Heino rockt!
Thomas „Tempelpiercer“ Fechner
.PS: Schönes Kontrastprogramm: Am nächsten Tag ging es dann wegen einem runden Geburtstag nicht zu 1860 – Hansa Rostock (Bericht vom Stephan), sondern am Abend zu Melissa Etheridge.
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